Luftaufnahme der Warendorfer Altstadt

Kunstwerk des Monats


„Kunstwerk des Monats“ – so ist die Reihe übertitelt, mit der die Stadt Warendorf monatlich ein Artefakt aus städtischem Besitz in das Bewusstsein ihrer Bürger rücken möchte. Von der Kupfermünze bis zum Hausaltar, vom Kinderspielzeug bis zum Ölporträt reicht dabei das Spektrum der kulturgeschichtlich bedeutenden Exponate, die jeweils für vier Wochen im Mittelpunkt des Interesses stehen und den Blick auf das reiche kulturhistorische Erbe der Stadt lenken sollen. 

Ein Essbesteck ist das Kunstwerk des Monats November und ist ab Donnerstag, 07.11.24 in der 1. Etage der Stadtverwaltung, Lange Kesselstraße 4-6, zu sehen.

Das Stadtmuseum präsentiert diesen Monat ein ungewöhnliches Kunstwerk: Eine Gabel und ein Messer, die auf den ersten Blick alltäglich wirken, aber durch ihre bewegte Vergangenheit beeindrucken. Diese beiden Gegenstände wurden in den 1980er Jahren in die Sammlung des Museums aufgenommen, als sie dem Stadtmuseum von zwei Schwestern übergeben wurden. Die beiden Frauen, die aus Schlesien fliehen mussten und in Warendorf eine neue Heimat fanden, bewahrten das Besteck als wertvolles Erinnerungsstück auf.

Die Gabel (17,5 cm) und das Messer (21,3 cm) sind besonders durch ihre detaillierten floralen Jugendstilmotive auf den Griffen und Heften hervorzuheben. Die Gabel zeichnet sich durch ihre vier langen Zinken und das breite, abgerundete Griffende aus. Das Messer besitzt eine altdeutsche Buckelklinge mit geschwungenem Rücken und leicht gebogener Schneide, die in feiner Handarbeit geschliffen wurde.

Ein besonderes Detail ist die leider schlecht erkennbare Punze auf dem Heft des Messers: Sie zeigt die Zahl „18“ und eine Prägung mit zwei Figuren und einem Anker. Diese Markierung weist auf die Besteckfabrik „Clarfeld und Springmeyer“ hin, die vor dem Zweiten Weltkrieg zu den bedeutendsten Herstellern Deutschlands gehörte. Auf der Klinge des Messers ist zudem der Stempel der „J.A. Henckels Zwillingswerke“ aus Solingen zu sehen. Die Henckels, eine protestantische Messerschleiferfamilie, bauten seit dem 18. Jahrhundert ein Unternehmen auf, das für seine hochwertigen Schneidwaren mit dem Markenzeichen „Zwilling“ international bekannt wurde.

Die Geschichte, die hinter diesen Gegenständen steckt, macht den Bestecksatz so besonders: Die beiden Schwestern hatten Gabel und Messer während ihrer Flucht im Mantelsaum eingenäht und konnten sie so aus ihrer schlesischen Heimat mitnehmen. Für das Stadtmuseum sind die beiden Besteckstücke daher mehr als nur Gebrauchsgegenstände – sie sind Erinnerungsstücke, die das Schicksal vieler Menschen symbolisieren, die nach dem Krieg ihre Heimat verlassen mussten. Indem das Museum solche Alltagsgegenstände bewahrt, würdigt es nicht nur die Handwerkskunst der Vergangenheit, sondern auch persönliche Geschichten von Flucht, Verlust und Neubeginn.

Material/Technik/Maße

Messer 21,3 cm (L) x 0,21 cm (B) x 1,5 cm (H)

Gabel 17,5 cm (L) x 2,2 cm (B) x 1,9 cm (H)

Silber/Stahl